Besonderes elektronisches Anwaltspostfach für Berufsausübungsgesellschaften (BAG)

1. Besonderes elektronisches Anwaltspostfach für Berufsausübungsgesellschaften (BAG)


Zum 01.08.2022 wurde durch das Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA) für Berufsausübungsgesellschaften (BAG) eingeführt.

Die BRAK richtet automatisch die Postfächer für zugelassene Berufsausübungsgesellschaften ein.

Weitere Informationen:


2. Nutzung und Einrichtung des BAG Postfachs in RA-MICRO


Das Postfach einer BAG wird grundsätzlich wie ein herkömmliches Anwaltspostfach in RA-MICRO eingerichtet und genutzt.

2.1 Benutzerverwaltung


In der Benutzerverwaltung ist ein neuer Benutzer für die BAG anzulegen.



In der Adresse ist die SAFE-ID des BAG Postfachs zu hinterlegen.



2.2 Posteingang und beA Postausgang


Im Posteingang und im beA Postausgang ist daraufhin das BAG Postfach wie andere Anwaltspostfächer sichtbar und nutzbar.





3. Besonderheiten gegenüber normalen Anwaltspostfächern / VHN-Berechtigungen


Bei normalen Anwaltspostfächern erfolgt der Versand automatisch über einen sicheren Übermittlungsweg und mit einem vertrauenswürdigen Herkunftsnachweis (VHN), wenn der Postfachinhaber selbst mit seinem eigenen Sicherheits-Token (der eigenen beA-Karte oder dem eigenen beA Softwarezertifikat) versendet. In diesen Fällen müssen Schriftsätze und Anträge sowie rücklaufende eEB nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) versehen sein, sondern es genügt in Schriftsätzen und Anträgen die einfache Signatur (Namensschriftzug) der verantwortenden Person (vergleiche z.B. § 130a Abs. 3 ZPO für die ordentliche Gerichtsbarkeit), abgesehen von bestimmten Fällen, in denen entweder materiell-rechtlich oder aus sonstigen prozessualen Vorschriften (wie § 3a Abs. 2 S. 2 VwVG oder § 36a Abs. 2 S. 2 SGB I o.ä.) eine qeS erforderlich ist.

Bei dem Postfach einer BAG ist die Besonderheit, dass es zusätzlich zu den normalen Berechtigungen (z.B. für das Versenden) auch VHN-Berechtigungen gibt. Es können (mehreren) Benutzern VHN-Berechtigungen erteilt werden, so dass jeder dieser Benutzer für das BAG Postfach über einen sicheren Übermittlungsweg mit VHN senden kann und keine qeS erforderlich ist.

Hierfür gibt es im beA System 2 neue Berechtigungen (vergleiche auch beA Anwenderhilfe - Liste der Rechte):

beA Recht 30 - eEBs mit VHN versenden
beA Recht 31 - Nachricht mit VHN versenden

Die Berechtigungen werden wie bei normalen Anwaltspostfächern in der beA Weboberfläche eingerichtet. Wenn jemand mit VHN-Berechtigung und ohne qeS sendet, muss aber auch hier die einfache Signatur der verantwortenden Person (die sendet) vorhanden sein. Wichtig ist, dass in diesen Fällen die einfache Signatur mit der sendenden Person übereinstimmt.

Achtung: Die BRAK und der DAV empfehlen auf der beA Supportseite Information zur Nutzung des sicheren Übermittlungswegs durch Berufsausübungsgesellschaften und in dem beA Newsletter 8/2022 der BRAK vom 29.09.2022 bei Versand aus einem BAG Postfach, auch bei Nutzung des sicheren Übermittlungswegs eine qeS zu verwenden.
Als Grund wird genannt, dass es aufgrund von technischen Gegebenheiten in der Justiz derzeit nicht möglich sei, dass die Identität der versendenden Person mit übermittelt wird, sodass für die Gerichte kein Abgleich möglich ist, ob die den Schriftsatz verantwortende Person mit der ihn versendenden Person identisch ist.
Zur Vermeidung möglicher Nachteile empfehlen BRAK und DAV daher allen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die in Berufsausübungsgesellschaften tätig sind und Schriftsätze aus dem beA der Berufsausübungsgesellschaften einreichen möchten, ihre Schriftsätze qualifiziert elektronisch zu signieren.


4. Weitere Anpassungen in RA-MICRO / Umstellung auf KSW-Schnittstelle V7


In RA-MICRO ist seit Version 2022.05.004 die KSW-Schnittstelle V6 integriert. Ab RA-MICRO Version 2022.09.003 ist die KSW-Schnittstelle V7 implementiert. Mit KSW-Schnittstelle V7 werden zusätzliche Funktionen (Identitäten und Berechtigungen) für die BAG Postfächer bereitgestellt.

Sofern noch die KSW-Schnittstelle V6 verwendet wird, ist zwar theoretisch ebenfalls eine Nutzung mit BAG Postfächern möglich, die neuen Berechtigungen können aber vor einem Versand noch nicht geprüft werden. Es wäre dadurch möglich, dass ein Nicht-VHN-Berechtigter aus dem BAG Postfach eine beA-Nachricht mit einem Schriftsatz oder einem Antrag ohne qeS versendet oder ein rücklaufendes eEB ohne qeS versendet. Dies wäre aber insofern unproblematisch, da sowieso jeder Rechtsanwalt / jede Rechtsanwältin selbst prüfen und sicherstellen muss, dass ein fristwahrender Schriftsatz vollständig, rechtzeitig und formwirksam an das Gericht übermittelt wird und diese Aufgabe nicht an das Büropersonal delegiert werden darf (vergleiche BGH, Beschluss vom 08.03.2022 - VI ZB 78/21).

Mit der neuen KSW-Schnittstelle V7 müssten die neuen Berechtigungen vor dem Versand vorab geprüft werden. In der beA Testumgebung gibt es zwar ein BAG Postfach, an das Testnachrichten gesendet werden können, es gibt aber in der Testumgebung kein BAG Postfach, aus dem heraus Testnachrichten versendet werden können. Aus diesem Grund kann derzeit nicht abschließend geprüft werden, ob die neuen beA Berechtigungen tatsächlich wie gewünscht geprüft und berücksichtigt werden.

In den ZV-Maßnahmen in RA-MICRO wurden bereits Anpassungen vorgenommen, um bei Versand über das BAG Postfach die richtige einfache Signatur auswählen / eingeben zu können (siehe Aktueller Hinweis).